Den einleitenden Part ersparen wir euch mal. Den, von den zig Millionen Menschen in Kurzarbeit und sich anbahnenden Massenentlassungen. Den, über den destruktiven Charakter des Kapitalismus. Den Part über den Weg hin zu einer Welt, in der der Markt und seine Profitierenden nicht mehr vergöttert werden, hin zu einer Welt, welche die Menschen solidarisch gestalten. In diesem Text soll es darum gehen, warum wir es gut finden, Krisendemos in Reichenvierteln zu machen und zwar bevor die Verteilungskämpfe so richtig losgehen.
Wir finden es wichtig frühzeitig zu intervenieren, um Einfluss auf das mediale Framing des Diskurses zu nehmen. Es kann nicht sein, dass wir als Linke das Thema sozialer Auseinandersetzungen der Aluhutfraktion, Nazis, Liberalen oder Vertreter*innen der Kapitalseite überlassen. Wir wollen weder über Bill Gates oder „die Chinesen“ sprechen, noch andere rassistische Narrative bedienen, geschweige denn hohe Löhne problematisieren. Wir wollen über Klassen sprechen und darüber, dass wir es nicht einsehen, schon wieder den Kopf hinzuhalten.
Wir haben nichts gegen Reiche persönlich. Es gibt unter ihnen bestimmt auch sehr nette Menschen. Aber wenn wir ehrlich sind, kennen wir auch keine. Es ist systematisch, dass Reichtum im Kapitalismus entsteht (und wir haben auch nichts dagegen, dass einzelne ihren „Way of Joy“ darin sehen, viel Geld zu verdienen). Entgegenstellen wollen wir uns der öffentlichen Darstellung zur Entstehung von Reichtum. Zum Beispiel dass dieser auf harter Arbeit des*der Reichen beruht. Klar entsteht Reichtum durch Arbeit, aber halt durch die der Arbeiter*innen, die durch Einsatz ihrer Arbeitskraft Reichtum erschaffen, davon aber nur einen Bruchteil als Lohn erhalten. Auch die Erzählung, dass Reichtum aus dem Nichts entstehe, ist Quatsch: Reichtum entsteht zum Großteil aus Reichtum. Er ist in den seltensten Fällen persönlicher Verdienst, sondern eher Ausdruck einer Gesellschaft, deren Grundvoraussetzung Ungleichheit ist. Dieser Klassencharakter taucht in der Debatte über Reichtum aber kaum auf. Das muss sich ändern.
Warum nicht! Wir verstehen uns als Linke und als Werktätige, wer soll es also sonst machen? Wir glauben, dass jede*r Politik machen kann, wobei die Einflussmöglichkeiten da natürlich unterschiedlich sind. Wir entscheiden uns für die Selbstorganisation und für den Druck der Straße. Wir freuen uns über jede Einzelperson oder Initiative, welche sich uns anschließt bzw. selber Sachen auf die Beine stellt.
Generell freuen wir uns über jede*n, der*die bei unseren Demos und Aktionen mitmachen und diese mitgestalten möchte und nicht meint die „Ausländer*innen“ sind schuld!
Wir zahlen alle Kosten sowohl aus eigener Tasche, als auch – und bislang sogar vor allem – aus Spenden und Zuwendungen. Wenn auch Du unsere Arbeit finanziell unterstützen möchtest, kannst Du uns gern schreiben: werhatdergibt@riseup.net.
Große Summen von Menschen, die viel geben können, sind natürlich gern gesehen!
Bedenken im Rahmen der Diskussionen um den Kampagnennamen gab es 1. bei der Frage, ob der Titel nicht irgendwetwas „religiöses“ habe,2. bei der, ob das nicht nach freiwilliger Selbstverpflichtung klinge, und 3. bei der, ob er nicht gegendert werden müsste, wenn man emanzipatorische Politik machen möchte.
Wir haben uns trotzdem für WHDG entschieden, und müssen nun mit diesen Unbehagen Leben, wahrscheinlich gibt es keinen perfekten Titel.
- Unsere Forderungen mögen Überschneidungen mit religiösen haben, es ist uns ein bisschen egal. Wir finden, „Wer hat, der gibt“ klingt catchy und trifft auf den Punkt gebracht unsere Forderung nach Umverteilung.
- Kann sein, dass das erstmal nach Freiwilligkeit klingt. Ist auch okay. Wir freuen uns über jede*n, der*die sein*ihr übertriebenes Vermögen zeitnah freiwillig der Gesellschaft zur Verfügung stellt, damit es allen Menschen zugute kommen kann. Schließlich entstehen solche Vermögen ja auch durch Diebstahl und ungerechtfertigte Akkumulation des durch andere erarbeiteten Mehrwerts. Wer nicht freiwillig abgibt, wird bald verpflichtet. Auch das wird im Aufruf klar.
- Schwieriger wird es bei der Frage nach dem generischen Maskulinum. Natürlich gendern wir normalerweise (siehe Rest des Aufrufs), weil wir dem Anspruch, alle Geschlechter mitzudenken und niemanden auszuschließen, gerecht werden wollen. Wir wissen, dass Frauen* in dieser Gesellschaft strukturell benachteiligt werden, und dass diese Mechanismen auch in unsere Gruppen wirken und in ihnen reproduziert werden. Ein Argument für den Titel war aber auf der anderen Seite, dass ein wirklich beträchtlicher Teil der Superreichen männlich ist (70% in D), hier nicht zu gendern also eigentlich ganz gut passt. Und wenn wir mit dem Titel Leute ansprechen, die dann den gegenderten Text lesen und inhaltlich für gut befinden, haben wir nichts verloren.
Aber: Emanzipation geht nur intersektional*. Wir wollen auf unseren Aktionen keine Menschen, die sich nicht als pro-feministisch und antirassistisch verstehen.
*https://de.wikipedia.org/wiki/Intersektionalit%C3%A4t